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Wirtschaftsmediation


Prof. Dr. Roland Fritz M.A. - 7. Februar 2023

Was Sie schon immer über Wirtschaftsmediation wissen wollten – aber bisher nie zu fragen wagten!“ – so ist man geneigt in Abwandlung des Titels eines 1972 von Woody Allen gedrehten Films zu formulieren. Denn wer das 678 Seiten umfassende, im Juli 2022 in 2. Auflage erschienene Werk von Jörg Risse in die Hand nimmt, bekommt (nahezu) alle Fragen beantwortet, die sich im Kontext von Wirtschaftsmediation stellen.

19 Jahre nach der Erstauflage ist Jörg Risse erneut an die interessierte Öffentlichkeit getreten und hat nicht etwa ein überarbeitetes Werk vorgelegt, sondern eine komplette Neubearbeitung – oder wie es der Autor selbst formuliert: „Von der Erstauflage dieses Buches sind eigentlich nur der erste und der letzte Satz geblieben.“

Davon profitieren all jene, die mit Wirtschaftsmediation zu tun haben. Konfliktparteien und deren (Rechts-) Berater können sich mit Hilfe dieser Publikation einen detaillierten Überblick über den Ablauf einer Wirtschaftsmediation verschaffen und sich auf ein Verfahren entsprechend vorbereiten. Praktizierende Wirtschaftsmediatoren finden eine Zusammenstellung und ausführliche Erläuterung von Problemfeldern und Mediationstechniken. Und wer sich noch in der Ausbildung befindet oder sich im Bereich Wirtschaftsmediation fortbilden will, dem dient das Buch als profundes Nachschlagewerk.

Was ist nun das Besondere an Jörg Risse`sWirtschaftsmediation“, die sich als Handbuch, Nachschlagewerk und (nunmehr auch) als Kurz-Kommentar präsentiert und in Konkurrenz (siehe hier) zu anderen etablierten Werken befindet?

Es ist, um es vorweg zusammenzufassen, die außerordentlich übersichtliche, hervorragend strukturierte, stofflich umfassende, inhaltlich detailreiche, wissenschaftlich durchdrungene und sprachlich gelungene Gesamtdarstellung!

Das beginnt bereits – keineswegs profan – mit „Inhaltsübersicht“ und „Inhaltsverzeichnis“, mit deren Hilfe sich der Leser rasch einen sehr guten Überblick über die Themen allgemein als auch die speziellen Fragestellungen erschließen kann. Und setzt sich fort in den ersten beiden Kapiteln, die mit „§ 1 Einführung in die Wirtschaftsmediation“ und „§ 2 Verhandlungstheoretische Grundlagen“ überschrieben sind: Es wird bereits eingangs deutlich, dass es in Wirtschaftsmediationen eines besonders geschulten neutralen Dritten bedarf, der den Streitparteien ein klar strukturiertes Verfahren anbietet und dessen Aufgabe es ist, die einschlägigen Erkenntnisse der Verhandlungsforschung, die vom Autor kenntnisreich, tiefgründig und gut nachvollziehbar präsentiert werden, umzusetzen.

Die folgenden Kapitel (§§ 3 – 10) befassen sich mit den einzelnen Phasen des Mediationsverfahrens und beinhalten zugleich die einschlägigen und unabdingbaren Methoden und Techniken, die fast durchgängig mit zahlreichen (Praxis)Beispielen, Tipps und Mustern vertieft werden. Wer unsicher ist, ob nicht ein Caucus angezeigt sein könnte, wird ebenso fündig werden wie derjenige, der sich noch einmal einen geeigneten Überblick über den Einsatz unterschiedlicher Kreativitätsmethoden oder einschlägiger Fragetechniken verschaffen will. Und dass gerade in Wirtschaftsmediationen dem Recht eine andere, eine intensivere Bedeutung zukommt als beispielsweise in einer Team- oder Nachbarschaftsmediation wird deutlich, wenn man sich mit denkbaren Nichteinigungsalternativen (BATNA, WATNA) befasst, was regelmäßig eine Erörterung der Rechtslage bedingt. Der Person und Rolle des Mediators widmet der Autor ein eigenes, kenntnisreiches Kapitel, um danach ausführlich auf die Rolle der Anwälte einzugehen, die in einer Wirtschaftsmediation regelmäßig anzutreffen sind (§§ 11, 12). Mit einem weiteren Kapitel (§ 13) zu den Vorzügen und Nachteilen einer Mediation endet der erste Teil des Werkes.

Danach beginnt der Kommentarteil (§ 14): Der Autor erläutert die einschlägigen Vorschriften des Mediationsgesetzes und der hierzu ergangenen ZMediatAusbV auf knapp 40 Seiten, bevor er sich im gleichen Umfang mit anderen Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung auseinandersetzt (§ 15). Beide Kapitel rundet das Gesamtwerk ab, geben aber keineswegs erschöpfende Antworten, allenfalls einen ersten Überblick auf Probleme, die dann durch ein Studium anderer Werke vertieft werden müssen.

Im Anhang finden sich das Mediationsgesetz und die Zertifizierte-Mediatoren-Ausbildungsverordnung, ferner die DIS-Mediationsordnung und die Mediations-Regeln der Internationalen Handelskammer ICC; das Werk schließt mit einem ausführlichen und erschöpfenden Sachregister ab.

Resümee:

Am „Risse“ geht kein Weg vorbei! Wer im Bereich Wirtschaftsmediation tätig ist oder werden will, kommt nicht umhin, ihn in seiner Bibliothek vorzuhalten.

Erschienen im Beck-Verlag zum Preis von 129.- Euro, ISBN 978-3-406-59676-6.

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Prof. Dr. Roland Fritz M.A.

Zertifizierter Mediator, WirtschaftsMediator, Supervisor
Rechtsanwalt


Der Autor Prof. Dr. Roland Fritz verfügt über eine lange juristische Karriere. Er war als Richter tätig, arbeitete einige Jahre beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe, wurde Präsident des Verwaltungsgerichts Gießen, später Präsident des Verwaltungsgerichts in Frankfurt/Main und ist seit 2002 ebenfalls Honorarprofessor an der Justus-Liebig-Universität in Gießen. Seit 2013 ist er als Rechtsanwalt zugelassen. Roland Fritz ist Absolvent des Master-Studiengangs Mediation an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder. Er war seit 2006 als gerichtlicher Mediator in der hessischen Verwaltungsgerichtsbarkeit aktiv und ist nun als freiberuflicher Mediator, Supervisor und Trainer für Richter, Rechtsanwälte sowie Studenten tätig.

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