Streitigkeiten zwischen Verbrauchern und Händlern
Wie schnell und einfach ist es doch, Waren zu bestellen – sei es online oder auf herkömmliche Weise im Laden nebenan. Wie kompliziert wird es, wenn es Reklamationen gibt. Sollte es hier zu unüberwindlichen Meinungsverschiedenheiten zwischen Kunden und Händler kommen, bleibt oft nur der Weg zum Anwalt. Dabei sind die Schwellen und die Kosten für den Verbraucher hoch.
In anderen Bereichen ist das keineswegs so. Für den öffentlichen Nahverkehr, die Branchen Kraftfahrzeug-gewerbe, Banken und Versicherungen sowie bei Problemen mit Rechtsanwälten und Ärzten gibt es Schlichtungsstellen, an die sich die Verbraucher wenden können.
Europarechtliche Vorgaben für Verbraucherschlichtung
Europarecht fordert jedoch ein „flächendeckendes Angebot für Verbraucherschlichtung“. Aufgrund dieser Richtlinien der Europäischen Union hat nun der Bund zu Beginn dieses Jahres in Kehl, Baden-Württemberg, eine Universalschlichtungsstelle eingerichtet. Bisher war die Schlichtungsstelle in Kehl ein Provisorium, weil zunächst daran gedacht war, jedes Bundesland in die Verantwortung zu nehmen, Verbrauchern Schlichtungsstellen anzubieten.
Verbraucherfreundliches Verfahren der Universalschlichtungsstelle
Das Verfahren ist für Kunden und Verbraucher einfach und kostenlos. Diese Kriterien waren für den Bund wichtig, um eine hohe Rezeption sicher zu stellen. Der Verbraucher wendet sich per E-Mail, Fax oder Post an die Universalschlichtungsstelle: www.verbraucher-schlichter.de. Der Verbraucher füllt einen Antrag aus und schildert aus seiner Sicht den Sachverhalt.
Die weitere Arbeit übernimmt die Schlichtungsstelle. Sie nimmt Kontakt mit dem Unternehmen auf, um festzustellen, ob dieses bereit ist, an einem Schlichtungsverfahren teilzunehmen. Verpflichtet ist es bisher nicht. Beteiligt sich das Unternehmen, legt es seine Sichtweise dar und die Schlichtungsstelle macht nach einer juristischen Analyse einen Schlichtungsvorschlag. Felix Braun, Vorstand der Universalschlichtungsstelle des Bundes, erläutert: „Den Schlichtungsvorschlag können Sie sich vorstellen als ein gut lesbares Gerichtsurteil. Damit kann man besser einschätzen, ob es sich überhaupt lohnt, vor Gericht zu gehen.“ Die Erfahrungen zeigen, dass bei Beteiligung der Unternehmen die Annahme des Schlichtungsvorschlags durch die Konfliktparteien bei 80 bis 90 Prozent liegt. Das ist eine Quote, die Verbraucher optimistisch machen kann. Insbesondere auch unter dem Aspekt der Kostenfreiheit.
Schlichtungsvorschlag rechtlich nicht bindend
Der Schlichtungsvorschlag ist rechtlich nicht bindend. Die Möglichkeit ein Gericht anzurufen bleibt bestehen. Da der Vorschlag bereits eine rechtliche Einschätzung ist, kann sich der Verbraucher daran orientieren, wie seine Chancen vor dem Richter sind.
Große Online-Händler bislang noch nicht im Verfahren
Die Freiwilligkeit der Teilnahme ist derzeit noch ein Problem, weil große Online-Händler wie Amazon oder Zalando Schlichtungsverfahren ablehnen. Der Kunde kann sich jedoch vor einer Bestellung im Internet informieren, ob der Händler an einem Schlichtungsverfahren teilnimmt. Nach dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz sind Unternehmen verpflichtet, darüber auf ihrer Internetseite oder in den allgemeinen Geschäftsbedingungen zu informieren, ob sie bereit sind an Schlichtungsverfahren teilzunehmen.
Die parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, Rita Hagl-Kehl (SPD) betonte bei der Eröffnung der Universalschlichtungsstelle, dass nunmehr Verbraucher eine „unbürokratische und kostenlose Möglichkeit haben, ihre Rechte außerhalb des Gerichtssaals zu verfolgen“.