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Neue EU-Verordnung: Fairness und Transparenz im Online-Geschäft


Nicole Etscheit M.A. - 18. Mai 2020

Am 12. Juli 2020 tritt die neue europäische „Verordnung zur Förderung von Fairness und Transparenz für gewerbliche Nutzer von Online-Vermittlungsdiensten“ (VO EU 2019/1150) in Kraft. Sie gilt in allen EU-Mitgliedstaaten als unmittelbar geltendes Recht.

Online-Vermittlungsdienste sind z.B. Online-Marktplätze wie Amazon Marketplace, Online-Dienste sozialer Medien für gewerbliche Nutzer wie Facebook Pages, Vergleichsportale, die Waren oder Dienstleistungen vermitteln, soweit sie als gewerbliche Nutzer auftreten wie etwa ein Anwalts-Suchservice. Nicht erfasst sind sogenannte Peer-to-Peer („P2P“) Online-Vermittlungsdienste ohne Beteiligung gewerblicher Nutzer oder Online-Zahlungsdienste.

Neben der Pflicht, ein internes Beschwerdemanagementsystem für die Kunden in Konfliktfall bereit zu halten, müssen Online-Vermittlungsdienste künftig mindestens zwei oder mehr Mediatoren auswählen und angeben, mit denen sie bereit sind zusammenzuarbeiten. Ziel ist es, bei etwaigen Streitigkeiten anlässlich der Online-Vermittlung zwischen dem Anbieter und dem gewerblichen Nutzer eine außergerichtliche Beilegung des Konflikts zu erreichen, soweit dies nicht das Beschwerdemanagement bewältigt. Die Mediation bietet die Möglichkeit, Streitigkeiten zufriedenstellend beizulegen, ohne ein Gerichtsverfahren anstrengen zu müssen, das langwierig und kostspielig sein kann.

Die benannten Mediatoren sind unparteiisch und unabhängig, sie können ihre Dienste physisch am Ort der Niederlassung, am Wohnsitz des gewerblichen Nutzers oder mittels Kommunikationstechnik aus der Ferne anbieten und müssen sie unverzüglich erbringen können. Ferner müssen die Mediatoren in der Lage sein, ihre Dienste in der Sprache zu erbringen, die laut der allgemeinen Geschäftsbedingungen das Vertragsverhältnis zwischen Anbieter und Nutzer regeln und sie sollten fachlich geeignet sein, die wirtschaftlichen Interessen der Beteiligten zu erfassen, um wirksam zum Versuch der außergerichtlichen Streitbeilegung beitragen zu können.

Da Mediation ein freiwilliges Konfliktbeilegungsverfahren ist, kann die Teilnahme nicht verordnet werden; die Anbieter von Online-Vermittlungsdiensten als auch die gewerblichen Nutzer sind aber nach Treu und Glauben angehalten, von diesem Instrument Gebrauch zu machen. Unter Berücksichtigung aller einschlägigen Aspekte des jeweiligen Falles sollen Online-Vermittlungsdienste einen angemessenen Teil an den Gesamtkosten der Mediation tragen. Hierzu soll der Mediator einen Vorschlag vorlegen, welchen Anteil er im konkreten Fall für angemessen erachtet.

Der Rechtsweg bleibt ungeachtet der Inanspruchnahme von Mediation zu jedem Zeitpunkt eröffnet: die Beteiligten können vor, während und nach der Mediation Klage vor Gericht erheben (soweit keine rechtsverbindliche Einigung in der Mediation zustande gekommen ist).

Die neue Verordnung ist ein weiterer Schritt zur Umsetzung der EU-Richtlinie über bestimmte Aspekte der Mediation in Zivil- und Handelssachen (Richtlinie 2008/52/EG vom 21.05.2008).

Durch die Angabe von mindestens zwei namentlich in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Online-Vermittlungsdienste genannten Mediatoren wird den gewerblichen Nutzern ermöglicht, sich direkt an diese zu wenden und die Einleitung einer Mediation zu beantragen. Dies dürfte das erklärte Ziel der europäischen Richtlinie, den Zugang zur alternativen Streitbeilegung zu erleichtern, die gütliche Beilegung von Streitigkeiten zu fördern und die Justiz zu entlasten vorantreiben und die Mediation weiter etablieren.

Adribo-Gesellschafter und zertifizierter Wirtschaftsmediator Dr. Dietrich Pielsticker wird künftig diese Aufgabe für einen Online-Vermittlungsdienst wahrnehmen.

Written by Nicole Etscheit M.A.
Zertifizierte Mediatorin, Rechtsanwältin
Fachanwältin für Familienrecht


Die Autorin Nicole Etscheit ist seit 1999 in Berlin als Rechtsanwältin im Familienrecht tätig. Ihre langjährige Erfahrung in diesem Bereich führte sie zur Mediation, die familiäre Konflikte durchweg besser und nachhaltiger lösen kann als unter Einbeziehung des Familiengerichts.

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