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Mediation bei Konflikten in der Unternehmensnachfolge: Eine Lösung für Streitigkeiten zwischen Unternehmer und Erben


Dr. Dietrich Pielsticker M.A. - 29. Februar 2024

Die Unternehmensnachfolge ist ein kritischer Moment in der Lebensspanne eines Unternehmens. Wenn jedoch der Unternehmer und seine Erben in einen Streit geraten, kann dies den Erfolg und die Kontinuität des Unternehmens gefährden. In solchen Situationen kann die Mediation eine effektive Methode sein, um Konflikte zu lösen und einen reibungslosen Übergang zu gewährleisten.

Die Herausforderungen der Unternehmensnachfolge

Die Unternehmensnachfolge ist oft mit einer Vielzahl von Herausforderungen verbunden. In vielen Fällen treten Konflikte zwischen dem Unternehmer und seinen potenziellen Erben auf. Diese Konflikte können verschiedene Ursachen haben, darunter unterschiedliche Vorstellungen über die Zukunft des Unternehmens, emotionale Bindungen an das Unternehmen und finanzielle Interessen.

Für den Unternehmer kann die Vorstellung, sein Lebenswerk an die nächste Generation weiterzugeben, mit Angst, Stolz und Unsicherheit verbunden sein. Er hat möglicherweise klare Vorstellungen davon, wie das Unternehmen geführt werden sollte, und ist möglicherweise besorgt darüber, dass seine Erben diese Vision nicht teilen oder nicht in der Lage sind, sie erfolgreich umzusetzen.

Auf der anderen Seite können die Erben ihre eigenen Ambitionen, Ideen und Vorstellungen von der Zukunft des Unternehmens haben. Sie könnten das Gefühl haben, dass der Unternehmer veraltet ist und dass es an der Zeit ist, neue Ideen und Innovationen einzuführen. Dies kann zu Spannungen führen, insbesondere wenn die Visionen des Unternehmers und seiner Erben stark voneinander abweichen.

Die Rolle der Mediation

In solchen Situationen kann die Mediation eine wirksame Methode sein, um Konflikte zu lösen und eine reibungslose Unternehmensnachfolge zu ermöglichen. Mediation ist ein strukturiertes Verfahren, bei dem eine neutrale dritte Partei, der Mediator, den Konfliktparteien hilft, eine Vereinbarung zu treffen.

Der Mediator unterstützt die Parteien dabei, ihre Bedenken und Interessen offen zu äußern, kommunikative Barrieren abzubauen und gemeinsame Lösungen zu finden. Im Gegensatz zu einem Gerichtsverfahren oder einer Schiedsgerichtsbarkeit, bei denen eine Lösung von außen aufgezwungen wird, ermöglicht die Mediation den Parteien, selbst eine Lösung zu finden, die ihren Bedürfnissen und Interessen entspricht.

Die Vorteile der Mediation

  1. Erhalt der Familienbeziehungen: Die Mediation bietet den Beteiligten die Möglichkeit, ihre Bedenken und Interessen offen zu äußern und gleichzeitig die familiären Beziehungen zu erhalten oder sogar zu stärken. Indem sie einen neutralen Raum für offene Kommunikation schafft, kann die Mediation dazu beitragen, Missverständnisse und Vorurteile abzubauen und das Vertrauen zwischen den Parteien wiederherzustellen.
  2. Effiziente Konfliktlösung: Gerichtsverfahren können langwierig und kostspielig sein. Die Mediation hingegen ermöglicht es den Parteien, schnellere und kostengünstigere Lösungen zu finden. Dies ist besonders in der Unternehmensnachfolge von großer Bedeutung, da Zeit oft ein wichtiger Faktor ist. Durch die Zusammenarbeit mit einem erfahrenen Mediator können die Parteien Konflikte effizienter und effektiver lösen, was den Übergangsprozess beschleunigen kann.
  3. Individuell angepasste Lösungen: Jede Unternehmensnachfolge ist einzigartig und erfordert individuelle Lösungen. In der Mediation haben die Parteien die Möglichkeit, kreative und maßgeschneiderte Vereinbarungen zu treffen, die ihren spezifischen Bedürfnissen und Interessen gerecht werden. Dies kann dazu beitragen, zukünftige Konflikte zu vermeiden und eine langfristige Stabilität des Unternehmens zu gewährleisten.
  4. Vertraulichkeit: Mediationsverfahren sind in der Regel vertraulich, was bedeutet, dass die Diskussionen und Vereinbarungen der Parteien nicht öffentlich bekannt gemacht werden. Dies kann dazu beitragen, das Ansehen des Unternehmens und die Privatsphäre der Beteiligten zu schützen. Die Vertraulichkeit der Mediation ermöglicht es den Parteien, offen über ihre Bedenken und Interessen zu sprechen, ohne sich Sorgen darüber machen zu müssen, dass diese Informationen gegen sie verwendet werden könnten.

Fallbeispiel: Die Familie Müller und ihr Textilunternehmen (Anm: die Namen sind frei erfunden!)

Um die Rolle der Mediation bei Konflikten in der Unternehmensnachfolge zu verdeutlichen, betrachten wir das Fallbeispiel der Familie Müller und ihres Textilunternehmens. Nachdem der Gründer des Unternehmens, Herr Müller Sr., beschlossen hat, sich zur Ruhe zu setzen, entbrennt ein Streit zwischen ihm und seinen beiden Söhnen, Peter und Michael, über die zukünftige Ausrichtung des Unternehmens.

Herr Müller Sr. ist der Meinung, dass das Unternehmen seinen traditionellen Werten treu bleiben und sich auf die Herstellung hochwertiger, handgefertigter Textilien konzentrieren sollte. Peter und Michael hingegen glauben, dass das Unternehmen seine Produktpalette erweitern und stärker in den Online-Vertrieb investieren sollte, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Der Streit zwischen den Familienmitgliedern droht das Unternehmen zu destabilisieren und die Beziehungen innerhalb der Familie zu belasten. Angesichts dieser Herausforderungen entscheiden sich die Müllers, die Hilfe eines erfahrenen Mediators in Anspruch zu nehmen.

Der Mediator ermöglicht es den Familienmitgliedern, ihre Standpunkte offen zu diskutieren und ihre Bedenken und Interessen zu artikulieren. Er unterstützt sie dabei, gemeinsame Ziele zu identifizieren und kreative Lösungen zu entwickeln, die ihren individuellen und kollektiven Bedürfnissen gerecht werden.

Nach mehreren Mediationssitzungen gelingt es den Müllers, eine Vereinbarung zu treffen, die sowohl die traditionellen Werte des Unternehmens respektiert als auch Innovation und Wachstum fördert. Das Unternehmen führt erfolgreich neue Produktlinien ein und investiert in den Online-Vertrieb, während es gleichzeitig seinen Ruf für hochwertige Handwerkskunst bewahrt.

Durch die Mediation gelingt es den Müllers nicht nur, ihren Konflikt zu lösen, sondern auch ihre familiären Beziehungen zu stärken und die Zukunft ihres Unternehmens zu sichern.

Schlussfolgerung

Die Unternehmensnachfolge ist ein komplexer Prozess, der oft mit Konflikten verbunden ist. Insbesondere wenn der Unternehmer und seine Erben uneins sind, kann die Mediation eine effektive Methode sein, um diese Konflikte zu lösen und eine reibungslose Übergabe des Unternehmens zu gewährleisten.

Durch ihre Vorteile wie den Erhalt der Familienbeziehungen, effiziente Konfliktlösung, individuell angepasste Lösungen und Vertraulichkeit kann die Mediation dazu beitragen, die Herausforderungen der Unternehmensnachfolge erfolgreich zu bewältigen. Indem sie den Parteien einen neutralen Raum für offene Kommunikation und Zusammenarbeit bietet, ermöglicht die Mediation es ihnen, ihre Differenzen beizulegen und gemeinsame Lösungen zu finden, die ihren individuellen und kollektiven Interessen gerecht werden.

In einer Zeit, in der die Bedeutung von Familienunternehmen für die Wirtschaft und die Gesellschaft immer größer wird, ist die Mediation ein unverzichtbares Instrument, um die Stabilität, Kontinuität und Nachhaltigkeit dieser Unternehmen zu gewährleisten.

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Dr. Dietrich Pielsticker M.A.

Zertifizierter Mediator, WirtschaftsMediator
Rechtsanwalt, Notar a.D.
Attorney-at-Law, New York


Der Autor Dr. Dietrich Pielsticker arbeitet als Rechtsanwalt und Notar in der Kanzlei PIELSTICKER MOHME in Berlin. Er studierte in Berlin, Freiburg und München und ist zudem im Staat New York, U.S.A., als Attorney-at-Law zugelassen. 2005 absolvierte er die Mediationsausbildung bei der Deutschen Anwaltsakademie (DAA) und erwarb zusätzlich eine Qualifikation zum WirtschaftsMediator bei der Centrale für Mediation (CfM). Seinen Master of Arts in Mediation erlangte Dietrich Pielsticker an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder.

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