I. Die Ausbildungsverordnung für Zertifizierte Mediatoren
Seit nunmehr zwei Jahren ist die Verordnung über die Aus- und Fortbildung von zertifizierten Mediatoren –ZMediatAusbV- in Kraft. Sie regelt in ihrem § 2 die (formalen) Einzelheiten für die Ausbildung zum zertifizierten Mediator und verweist hinsichtlich der Inhalte des Ausbildungslehrgang auf die Anlage zur Verordnung. Darin wird tabellarisch in acht als „Nummern“ bezeichneten Kapiteln aufführt, was in der Ausbildung vermittelt und wie viel Zeit für die jeweiligen Inhalte aufgewendet werden muss.
II. Das neu erschienene „Basiswissen Mediation“
Mit ihrem im August 2019 neu auf den Markt gekommenen Werk „Basiswissen Mediation – Handbuch für Praxis und Ausbildung“ rekurrieren die beiden Mediatorinnen Isabell Lütkehaus und Izabella Pach auf die oben beschriebene Anlage: Im Teil B ihres Buches erläutern sie umfassend, leicht lesbar und inhaltlich gut nachvollziehbar die einzelnen Anforderungen der Anlage. Der Leser erfährt, was zum Handwerkszeug eines Mediators zählt und bekommt das erforderliche grundlegende Fachwissen vermittelt. Die schriftlichen Ausführungen werden dabei an zahlreichen Stellen durch Tabellen und Schaubilder ergänzt.
Bereits im Titel des Werkes „Basiswissen“ als auch dem zur Verfügung stehenden Umfang von 150 Seiten ist angelegt, dass es den Autorinnen nicht darum gehen kann, erschöpfend beispielsweise alle im Kontext von „Gesprächsführung und Kommunikationstechniken“ sich ergebenden Aspekte bis ins Detail auszubreiten – wären doch sonst bspw. die Werke von Ballreich / Glasl, Schulz von Thun oder gar das „Handbuch Mediation“ von Haft /Schlieffen dem Bereich „modernes Antiquariat“ zuzuordnen. Ihr Ansatz ist vielmehr zusammenfassend darzulegen, was alles inhaltlich zu den jeweiligen Themenkomplexen der in der Anlage benannten Inhalte zu rechnen ist. Das ist ihnen zweifellos gut gelungen, wenngleich es wünschenswert gewesen wäre, wenn sie an den jeweiligen Textstellen weiterführende Literaturhinweise gegeben hätten, um sich – falls erforderlich – vertieft mit der Materie auseinandersetzen zu können. In einer den Autorinnen zu wünschenden zweiten Auflage sollte dieser Aspekt unbedingt eingearbeitet werden.
Das Handbuch befasst sich zudem in einem knappen Teil A mit der Situation nach dem Mediationsgesetz und der ZMediatAusbV sowie den daraus folgenden Konsequenzen für Mediatoren (Stichwort: Selbstzertifizierung). In einem abschließenden Teil C wenden sich die Autorinnen an Trainer und Ausbildende und unterbreiten dort u. a. Vorschläge zur inhaltlichen und zeitlichen Umsetzung der Ausbildungsinhalte.
Durch die spezifische Ausrichtung auf die Anlage zur ZMediatAusbV schließen die Autorinnen mit ihrem „Basiswissen Mediation“ eine Lücke im Schrifttum. Schade nur, dass der Wolfgang Metzner Verlag, der sich durch eine Vielzahl von Veröffentlichungen aus dem Bereich der Mediation einen Namen gemacht hat, das insgesamt 200 Seiten umfassende Werk nicht günstiger als mit knapp 40.- Euro auf den Markt gebracht hat.
III. Standard QVM 2019
Fast zeitgleich mit dem Erscheinen des oben vorgestellten Werkes, nämlich zum Tag der Mediation im Juni 2019 (hierzu: https://adribo-academy.de/tag-der-mediation-18-juni-2019/) , ist die 1. Frankfurter Erklärung des Qualitätsverbundes Mediation (QVM) veröffentlicht worden
( https://www.deutscher-mediationsrat.de/downloads/1.Frankfurter-Erklaerung.pdf ; Datum des Zugriffs: 01.09.2019) .
Im QVM kooperieren die bekanntesten Mediations- und Berufsverbände u.a. mit dem Ziel, die gesetzlichen Anforderungen der ZMediatAusbV als nicht ausreichend für einen qualitätsvolle Ausbildung erscheinen zu lassen und durch ihren eigenen Standard QVM 2019 zu ersetzen.
Dieser sieht ausweislich der obigen Verlautbarung einen Lehrgang von 200 Zeitstunden inkl. der Vertiefung eines spezifischen Bereichs der Mediation vor. Hinzu kommen Intervision (Peer- Gruppen-Arbeit) im Umfang von mindestens 20 Stunden sowie ein Abschlussprojekt, das beispielsweise in Form einer schriftlichen Arbeit von 10 bis 20 Seiten oder (mit entsprechendem Arbeitsumfang) als Präsentation, Film o. ä. gestaltet werden kann. Bestandteil der Ausbildung ist zusätzlich die Dokumentation eines realen Mediationsfalles, der in Einzelsupervision reflektiert wurde und innerhalb eines Jahres nach Abschluss des Ausbildungslehrganges einzureichen ist. Insgesamt erfordern die Zertifizierungsvoraussetzungen (QVM) fünf reale Mediationsfälle von zusammen 25 Zeitstunden, die in Einzelsupervision reflektiert wurden (wobei der im Anschluss an die Ausbildung dokumentierte Fall mit eingerechnet werden kann). Zwei der Fälle müssen mit einer Vereinbarung abgeschlossen sein (zu Einzelheiten, insbesondere Inhalten und Stundenrahmen, siehe: https://www.bafm-mediation.de/site/assets/files/24102/qvm-standards_2019_mit_qvm-logos.pdf ; Datum des Zugriffs: 01.09.2019).
Die Veröffentlichung der Standards kommt nicht von ungefähr. Seit Bekanntwerden des ersten Entwurfs der Ausbildungsverordnung im Jahre 2014 sind die Berufsverbände Sturm gelaufen gegen die Ausbildungszeit von 120 Präsenzzeitstunden, die sie als nicht ausreichend für eine qualitätsvolle Ausbildung erachteten. Schon seinerzeit forderten sie ein über die gesetzlichen Anforderungen hinausgehenden „Besonders Zertifizierten Mediator A +“, um – wie sie vorgaben – Qualitätsstandards halten zu können (vgl. hierzu schon Fritz, Das Gütesiegel „Zertifizierter Mediator“, ZKM 2014, 62 (64 f)).
IV. Qualitätssicherung oder Ausbildungspfründe
Ein Schelm, wer böses dabei denkt – etwa unterstellt, es gehe um hier nicht um Qualitätssicherung sondern um die Bewahrung lukrativer Ausbildungspfründe!
Doch genau letzteres ist der Fall. Durch die Schaffung von „Standards“ sollen die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, besonders teure Ausbildungen anzubieten – Umstände, auf die Stimmen im Schrifttum bereits im Jahre 2002 hinwiesen und sich gegen eine Abschottung des Marktes für private Streitbeilegung durch Verbände aussprachen (vgl. Duve, Das Grünbuch über alternative Verfahren zur Streitbeilegung, IDR-Beilage 7 S. 9 zu Betriebs-Berater 2002, Heft 46 m. w. N.).
Zutreffend machen Lütkehaus / Pach in ihrer Einführung zum „Basiswissen Mediation“ (S. 12) darauf aufmerksam, dass MediationsG und ZMediatAusbV den Ausbildungsmarkt revolutioniert und den Verbänden und Institutionen ihre Monopolstellung und damit einen Teil ihrer Einnahmen genommen haben. Wer als Trainer oder privates Institut eine der ZMediatAusbV entsprechende Ausbildung anbietet, deren Absolventen können sich des Gütesiegels „Zertifizierter Mediator“ bedienen. Diese Gleichstellung der Ausbildungen hat zu einer starken Ausdehnung des Ausbildungsmarktes für Mediation geführt – eine Entwicklung, die Verbände und angeschlossene Institute wohl nur zu gerne wieder rückgängig machen würden.
V. Was noch immer fehlt: Akkreditierungsstelle
Was allerdings im Bereich des zertifizierten Mediators noch immer fehlt und was auch der QVM nicht zustande gebracht hat ist eine – wie es dem Gesetzgeber vorschwebte – von interessierten Kreisen getragene privatrechtlich organisierte Zertifizierungs- oder besser Akkreditierungsstelle, bei der Zertifizierte Mediatoren ihre Unterlagen einreichen und sich bestätigen lassen können, dass diese den Anforderungen der ZMediatAusbV entsprechen (vgl. hierzu Fritz / Pielsticker, ZMediatAusbV-Kommentierung mit Hinweisen für die Praxis, S. 8 m.w.N.). Von daher sollten jedenfalls die Rechtsanwaltskammern in Erwägung ziehen, eine bundesweite Stelle – wenn nicht für alle Zertifizierten Mediatoren so doch zumindest für Anwaltsmediatoren – zu etablieren.
VI. Fazit
Es bleibt daher festzuhalten: Die gesetzlichen Regelungen sehen als geschützte Berufsbezeichnung lediglich den „Zertifizierten Mediator“ vor, dessen Voraussetzungen sich ausschließlich aus den Vorschriften des MediationsG und der ZMediatAusbV ergeben.
Wer im Detail die Ausbildungsinhalte kennen lernen möchte, die zum Erwerb des Gütesiegels notwendig sind, der ist gut beraten, das hier rezensierte Werk „Basiswissen Mediation“ zur Hand zu nehmen.